Coronavirus – Massnahmen gegen Konkurse
16.04.2020 | 14:30
Der Bundesrat will mit gezielten Massnahmen coronabedingte Konkurse und den damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen verhindern. Er hat die entsprechende Verordnung an seiner Sitzung vom 16. April verabschiedet. Sie tritt am 20. April in Kraft. Die Verordnung sieht eine vorübergehende Entlastung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige vor, die in der Regel zum sofortigen Konkurs führen würde, sowie die Möglichkeit einer befristeten, unbürokratischen COVID-19-Stundung insbesondere für KMU.
An seiner Sitzung vom 8. April 2020 hatte der Bundesrat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, geeignete Instrumente im Kapitalschutzrecht (OR) sowie im Sanierungs- und Stundungsrecht (SchKG) vorzuschlagen. Das Bundesamt für Justiz (BJ) hatte dazu im Vorfeld eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Die rund 100 eingegangenen Stellungnahmen unterstützen die Stossrichtung des Bundesrats grossmehrheitlich.
Die Verordnung, die der Bundesrat heute verabschiedet hat, umfasst zwei vorübergehende Regelungen: eine befristete Entbindung von der Pflicht zur Überschuldungsanzeige sowie die Einführung einer befristeten COVID-19-Stundung. Beide Massnahmen haben zum Ziel, diejenigen Unternehmen vor einem drohenden Konkurs zu schützen, die allein aufgrund der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten. Durch die Verhinderung coronabedingter Konkurse sollen Arbeitsplätze und Löhne gesichert und der volkswirtschaftliche Schaden der Corona-Pandemie weiter eingedämmt werden.
Überschuldungsanzeige und befristete COVID-19-Stundung
In einer normalen Lage sind Unternehmen gemäss Art. 725 Abs. 2 des Obligationenrechts (OR) verpflichtet, bei einer drohenden Überschuldung unverzüglich das Konkursgericht zu benachrichtigen. Von dieser Pflicht sollen Unternehmen entbunden werden, die per Ende 2019 finanziell gesund waren und bei denen Aussicht besteht, dass die Überschuldung nach der Coronakrise wieder behoben werden kann. Besteht keine konkrete Aussicht auf eine Behebung der Überschuldung, kann das Unternehmen nach wie vor auch eine Nachlassstundung beantragen. Der Bundesrat hat die Voraussetzungen dafür vorübergehend leicht gelockert.
Zusätzlich hat der Bundesrat für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die wegen der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten, neu eine befristete Stundung eingeführt, die sog. COVID-19-Stundung. Mit dieser Massnahme kann KMU in einem raschen, unbürokratischen Verfahren eine vorübergehende Stundung von drei Monaten gewährt werden, ohne dass ein Sanierungsplan vorliegen muss. Die Stundung kann um weitere drei Monate verlängert werden. Zudem gelten – anders als bei der Nachlassstundung – zum Schutz der Gläubiger spezifische Einschränkungen: so werden namentlich Lohnforderungen und Alimentenansprüche nicht von der Stundung erfasst und sind weiterhin voraussetzungslos geschuldet.
Massnahmen zur Aufrechterhaltung des Justizbetriebs
Weiter hat der Bundesrat heute in einer Verordnung präzisiert, unter welchen Umständen ein Gericht in Zivilverfahren den Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen anordnen oder an Stelle einer mündlichen Verhandlung ein schriftliches Verfahren durchführen kann. Die Gewährleistung des Datenschutzes, der Datensicherheit und die Dokumentationspflicht müssen dabei zwingend eingehalten werden. Ausgeschlossen ist der Einsatz von Video- und Telefonanhörungen für den Einbezug von Kindern im Zivilprozess.
Auch für die Zustellung von Betreibungsurkunden gelten vorübergehend erleichterte Bedingungen: so ist in gewissen Fällen die Zustellung auch ohne Empfangsbestätigung gültig, sofern ein Zustellnachweis erbracht wird (z. B. mittels "A-Post-Plus" der Schweizerischen Post).
Mit diesen Massnahmen verfolgt der Bundesrat das Ziel, den Justizbetrieb auch unter den coronabedingten schwierigen Umständen weiterhin aufrechtzuerhalten.
Die zwei Verordnungen des Bundesrats treten am 20. April 2020 in Kraft.