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Sparsame würden durch Einheitskasse bestraft werden

(Bildquelle: infoticker)

Mit einer Einheitskasse würde die Prämienlast in der Schweiz umverteilt. Der Landbevölkerung droht ein kräftiger Prämienaufschlag und Versicherte in alternativen Versicherungsmodellen und mit hoher Selbstbeteiligung müssten draufzahlen. 59 Prozent der Versicherten würden mehr, 41 Prozent weniger...

Mit einer Einheitskasse würde die Prämienlast in der Schweiz umverteilt. Der Landbevölkerung droht ein kräftiger Prämienaufschlag und Versicherte in alternativen Versicherungsmodellen und mit hoher Selbstbeteiligung müssten draufzahlen. 59 Prozent der Versicherten würden mehr, 41 Prozent weniger Prämien bezahlen, glaubt man den Berechnungen der Gegner.

Gäbe es heute schon eine Einheitskasse, müssten vor allem die sparsamen Prämienzahler mehr bezahlen. Das zeigt eine Auswertung des Internet-Vergleichsdienstes "comparis.ch". Bewohner ländlicher Regionen würden zu den Verlierern gehören, gleich wie Versicherte mit einer hohen Franchise, einem alternativen Modell oder einer günstigen Versicherung. 59 Prozent der Versicherten wären Verlierer, 41 Prozent Gewinner. Berücksichtigt man, dass die Eltern die stark steigenden Prämien ihrer Kinder bezahlen, gibt es noch mehr Verlierer, so die Rechnung der Einheitskassen-Gegner.

Eigene Prämie nachrechnen


Jeder Prämienzahler kann ab sofort prüfen, welche Auswirkungen eine Einheitskasse heute auf seine Prämien hätte. "comparis.ch" hat hierfür wie bei der Einheitskassen-Abstimmung 2007 einen Einheitskassen-Prämienrechner aufgeschaltet. Für die folgenden Berechnungen und den Einheitskassen-Rechner konnte sich "comparis.ch" nur auf die Grundlagen der Gegner einer Einheitskasse stützen. Die Befürworter legten trotz mehrfacher Anfrage ihre Angaben nicht offen, obwohl sie von hohen jährlichen Einsparungen reden. "comparis.ch" bedauert sehr, dass die Befürworter keine konkreten Aussagen zur Prämienberechnung machen wollen.

Folgende Faktoren beeinflussen die Prämienhöhe für Erwachsene und junge Erwachsene ab 18 Jahren bei einer Einheitskasse.

Prämienregionen

Wer in einer Region mit tiefen Gesundheitskosten lebt - dies sind eher ländliche Regionen - müsste heute mit einer Einheitskasse in der Regel mehr Prämien bezahlen. Wer in einer Region mit hohen Gesundheitskosten lebt - dies sind eher städtische Regionen - müsste in der Regel weniger Prämien bezahlen. Dies zeigt eine Auswertung der Prämien nach den Prämienregionen. In den elf Kantonen mit mehreren Prämienregionen steht Prämienregion eins für eine Region mit höheren Gesundheitskosten (eher städtisch), Prämienregion zwei und drei für eine Region mit tieferen Gesundheitskosten (eher ländlich). 56 Prozent aller Versicherten der Prämienregion 2 und 3 müssten mit einer Einheitskasse mehr Prämien bezahlen, 44 Prozent weniger. In der Prämienregion eins wäre es genau umgekehrt: 58 Prozent müssten weniger und 42 Prozent mehr Prämien bezahlen. 15 Kantone haben nur eine Prämienregion, wodurch dieser Effekt nicht auftritt.

"Die ländlichen Regionen mit günstigeren Gesundheitskosten müssten also für die Städter aufkommen, die mehr medizinische Leistungen beanspruchen. Die Landbevölkerung wird für ihren sparsamen Umgang mit Gesundheitsleistungen nicht mehr belohnt", sagt Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly von "comparis.ch". Auch die Befürworter der Einheitskasse gehen davon aus, dass die Prämienregionen abgeschafft werden.

Franchise

Wer eine hohe Franchise hat, müsste heute im Schnitt mit einer Einheitskasse mehr Prämien bezahlen, wer eine tiefe Franchise hat, weniger. Über 1 Million Versicherte haben derzeit eine 2500-er Franchise. Sie müssten heute mit einer Einheitskasse pro Monat im Schnitt  84 Franken mehr Prämien bezahlen. Die 2,9 Millionen Versicherten, die eine 300-er Franchise haben, müssten im Schnitt monatlich 36 Franken weniger Prämien bezahlen. Die Abschaffung der Franchisen würde auch das Volumen der Leistungskosten erhöhen, weil die Versicherten mit Wahlfranchisen einen Teil der medizinischen Leistungen selber bezahlen. Hohe Franchisen sollen zu einem sparsamen Umgang mit medizinischen Leistungen animieren.

Versicherungsmodell

Wer ein alternatives Versicherungsmodell wie Hausarzt, Telmed oder HMO hat, würde heute mit einer Einheitskasse tendenziell zu den Verlierern gehören und im Schnitt monatlich um die 30 Franken mehr Prämien bezahlen. Wer mit dem Grundmodell versichert ist, würde eher zu den Gewinnern gehören und monatlich im Schnitt rund 30 Franken weniger Prämien bezahlen.

Anbieter

Wer bei einer günstigen Krankenkasse versichert ist, müsste heute mit einer Einheitskasse mehr Prämien bezahlen, wer bei einer teuren Kasse versichert ist, müsste weniger bezahlen. Betrachtet man alle Kassen mit mindestens 5000 Versicherten ab 18 Jahren, zeigt sich: Die Versicherten der Assura wären im Durchschnitt die grössten Verlierer mit monatlichen Mehrkosten von über 50 Prämienfranken. Die grössten Gewinner wären die Versicherten der Moove Sympany mit einer durchschnittlichen monatlichen Einsparung von 38 Franken.

Allerdings gibt es bei jeder der oben genannten Gewinner-Gruppe auch Verlierer und bei jeder Verlierer-Gruppe Gewinner - weil die Faktoren Anbieter, Modell, Prämienregion und Franchise alle die Prämienhöhe beeinflussen. Die grössten Verlierer wären jedoch die Kinder, für die monatlich rund 250 Franken mehr Prämien anfallen würden. Sie sind in der obigen Rechnung ausgenommen.

Interessant: Auch beim Modell der Befürworter gäbe es wohl Gewinner und Verlierer: Durch den Wegfall der Prämienregionen und der privaten Krankenkassen käme es zu Umverteilungen des Prämienvolumens. "Mit ihrer Weigerung zu sagen, für welche Modelle es welche Rabatte gäbe, lassen die Befürworter die Stimmbürger vor der Abstimmung im Unklaren, wie sie ihre Initiative genau umgesetzt haben möchten", sagt Felix Schneuwly.