Die FINMA unterstützt das heute vom Bundesrat verabschiedete Liquiditätspaket zugunsten der Schweizer Wirtschaft (siehe Medienmitteilung des Bundesrates). Dieses sieht eine rasche und unbürokratische Versorgung der Realwirtschaft mit Liquidität via die Banken vor. Dank der Bürgschaft des Bundes können die Banken diese Kredite mit nur geringem Risiko vergeben. Die gleichzeitig neu eingerichtete Fazilität der Schweizerischen Nationalbank SNB wird dafür sorgen, dass die Banken diese Kredite bei ihr refinanzieren und damit ihre eigene Liquiditätsposition bewahren können. Die FINMA erwartet, dass die Banken diese Möglichkeit ausschöpfen. So kann die vorhandene oder dazu gewonnene überschüssige Liquidität im Bankensystem der weiteren Kreditversorgung der Realwirtschaft oder den Banken als zusätzlicher Puffer dienen.
Die FINMA teilt überdies die Einschätzung der SNB, dass der auf den Hypothekarmarkt abzielende antizyklische Kapitalpuffer vor dem Hintergrund der aktuellen Marktsituation aufgehoben werden soll. Der Hypothekarmarkt dürfte sich derzeit nicht weiter erhitzen. Die FINMA hat daher im Rahmen der vorgesehenen Anhörung den Antrag der SNB an den Bundesrat befürwortet.
Schweizer Finanzinstitute operationell und finanziell gut gerüstet
Die Corona-Pandemie hat einen signifikanten Einfluss auf die Realwirtschaft weltweit. Als Folge ist die globale Finanzwirtschaft erheblichen Marktturbulenzen ausgesetzt. So sind die Finanzmärkte derzeit stark volatil und teilweise angespannt. Dies führt zu Herausforderungen für die teilnehmenden Finanzinstitute. Zudem erhöht sich weltweit der Kredit- und Liquiditätsbedarf der Bankkunden.
Wie in der Medienmitteilung vom 19. März 2020 ausgeführt, funktionieren die Finanzinstitute und die Finanzmarktinfrastruktur in der Schweiz operationell weiterhin sehr gut. Die Dienstleistungen der Finanzinstitute stehen dank digitaler Arbeitsmethoden auch in der aktuellen Ausnahmesituation ohne Unterbruch zur Verfügung. Auch finanziell waren die Schweizer Finanzinstitute gut auf die aktuellen Marktturbulenzen vorbereitet. Banken und Versicherer sind überdies für strenge Stressszenarien gewappnet. Die Stabilität der Banken und der deutliche Aufbau von soliden Kapital- und Liquiditätspuffern waren in den letzten Jahren ein Kernanliegen der Schweizer Behörden; sie können bei Turbulenzen zur Abfederung verwendet werden. Auch die Versicherer verfügen im Schnitt klar über den Minimalanforderungen liegende Kapitalpuffer.
Leverage Ratio: Ausnahme von Forderungen gegenüber Zentralbanken
Das gegenwärtige Umfeld führt dazu, dass verschiedene Banken aus unterschiedlichen Gründen teils hohe Beträge als Guthaben bei Zentralbanken verbucht haben. Das ist aufgrund der Marktentwicklungen nicht unerwartet und führt zu keiner Erhöhung des Risikos dieser Banken. Das regulatorische Mass der Leverage Ratio sieht grundsätzlich zu Recht vor, dass sämtliche Bilanzpositionen, unabhängig vom Risiko mit Kapital unterlegt werden sollen. Die Leverage Ratio fungiert diesbezüglich als komplementäre Messgrösse zur risikogewichteten Betrachtung.
Ungewöhnlich hohe Bargeldguthaben bei Zentralbanken wie in der momentanen Situation können also zu einer Reduktion der Leverage Ratio führen, ohne dass sie das Risiko der Banken erhöhen. Die FINMA erachtet diesen prozyklischen Effekt im gegenwärtigen Umfeld als kontraproduktiv und wird deshalb den Banken vorübergehend gestatten, die Leverage Ratio ohne Zentralbankenguthaben zu berechnen. Diese Massnahme betrifft rund 20 Milliarden Franken an Kapital, das so zur Verfügung steht, zum Beispiel um die Realwirtschaft mit Liquidität zu versorgen. Diese Massnahme gilt vorerst bis zum 1. Juli 2020 und kann falls notwendig verlängert werden.
Umsichtige Ausschüttungspolitik, Verzicht auf Aktienrückkaufprogramme
Auch wenn die Kapitalpuffer der Institute gut gefüllt sind, ist zu erwarten, dass ein wirtschaftlicher Abschwung und Korrekturen an den Finanzmärkten über die Zeit zu einer Reduktion dieser Puffer führen werden. Darin liegt der eigentliche Zweck dieser Puffer. Es ist aus heutiger Sicht unklar, wie stark die Auswirkungen der aktuellen Krise sein werden und wie lange diese andauern wird. Dies hängt von Faktoren ab, die ausserhalb der Kontrolle der Finanzinstitute liegen. In einem solchen Umfeld ist eine umsichtige Ausschüttungspolitik eine vorbeugende Massnahme für ein Unternehmen, um die eigene Widerstandsfähigkeit auch im Fall einer längeren Phase des Abschwungs aufrechtzuerhalten.
Sowohl für Banken, als auch Versicherer gilt: Die aufgebauten Puffer sind dafür vorgesehen, bei Bedarf genutzt zu werden. Die FINMA wird die nötigen Entscheide treffen, um dies in der Praxis zu ermöglichen. Auch die heutigen Entscheide betreffend der Leverage Ratio und dem antizyklischen Kapitalpuffer sind in diesem Kontext zu sehen. Es geht dabei darum, den Finanzinstituten zu ermöglichen, dass diese ihre Kunden in schwierigen Zeiten weiterhin z. B. in Form von Krediten unterstützen können. Es geht hingegen nicht darum, gemessen an den Marktverhältnissen übermässige Ausschüttungen an die Eigner zu ermöglichen. Die FINMA begrüsst es deshalb, dass sich gemäss unseren Abklärungen alle Finanzinstitute in der Schweiz entschieden haben, ihre Aktienrückkaufprogramme zu sistieren.
Die FINMA empfiehlt Verwaltungsräten von Finanzinstituten überdies, sorgfältig abzuwägen, wie hoch ausstehende Dividenden im aktuellen Umfeld und im Kontext dieser Überlegungen ausfallen sollen. Starke Institute, die freiwillig ihre Ausschüttungen beschränken oder verschieben, werden länger stark bleiben. Sich seine Kapitalstärke zu erhalten, ist kein Zeichen von Schwäche.