In Europa ist Plastikmüll und die damit verbundene Sorge ein viel diskutiertes Thema, vor allem in Verbindung mit dem Klimawandel. Für 23 Prozent der europäischen Verbraucher ist dieses Problem mittlerweile zur Hauptsorge geworden. Wirft man einen Blick auf die in der GfK-Studie untersuchten Länder, so zeigen sich starke Unterschiede.
In Ungarn (31 Prozent) und Schweden (29 Prozent) nimmt der Klimawandel einen deutlich höheren Stellenwert ein als das Thema Plastikmüll. In Russland, der Slowakei und der Tschechischen Republik hingegen ist das genaue Gegenteil zu beobachten. Während sich 17 Prozent der Russen um dieses Thema sorgen, ist der Prozentanteil bei Tschechen (20 Prozent) und Slowaken (27 Prozent) sogar noch höher.
Plastik vermeiden - Verbraucher werden aktiv
Befragte in Europa geben sich laut GfK-Studie bereits große Mühe, Plastik zu vermeiden. Für den gesamten Lebensmitteleinkauf werden beispielsweise eigene Taschen verwendet (88 Prozent) und zuhause wird mit wieder verwendbaren Reinigungsutensilien und -tüchern geputzt (84 Prozent). Rund 81 Prozent der Verbraucher geben an, Plastikteller und andere Kunststoffutensilien von ihren Partys zu verbannen oder für unterwegs wieder auffüllbare Flaschen zu verwenden (81 Prozent).
Laut GfK-Studie lassen sich die Befragten - je nach Grad der Plastikvermeidung und Bedeutung dieser Thematik für sie - in vier Segmente einteilen und auf deren Kaufverhalten untersuchen: Von "Dismissers" (machen nicht viel, um Plastikabfall zu vermeiden) über "Considerers" und "Believers" hin zu "Actives" (machen viel, um Plastikabfall zu vermeiden). In Deutschland und Österreich fallen beispielsweise rund ein Drittel der Haushalte in die Gruppe der Actives. In den Niederlanden sind das hingegen 15 und in Russland 6 Prozent.
Die Kluft zwischen Reden und Handeln
Zwar verwenden Verbraucher bereits wieder verwendbare Taschen für ihren gesamten Einkauf, um Obst und Gemüse zu verpacken, greifen sie aber oftmals noch zu den bereitgestellten Plastiktüten. In der GfK-Studie wurden Verbraucher in insgesamt zwölf europäischen Ländern gefragt, wie sie ihr Verhalten "Plastikmüll zu vermeiden" einschätzen - zur Auswahl standen insgesamt 17 unterschiedliche Maßnahmen.
Während Verbraucher in Österreich, Ungarn und Deutschland angaben, am stärksten darauf zu achten, Plastikmüll zu vermeiden, zeigt sich in Russland, den Niederlanden und Polen noch Potenzial. Hier liegen die angegeben Massnahmen zur Vermeidung von Plastikmüll weit unter dem europäischen Durchschnitt.
Verbraucher sehen vor allem Hersteller in der Pflicht
In der Mehrheit der untersuchten Länder erwarten Verbraucher vor allem von Herstellern Maßnahmen zur Lösung der Plastikmüllproblematik. An zweiter Stelle stehen die Regierungen. Den Handel oder sich selbst sehen Befragte, wenn überhaupt, nur teilweise in der Pflicht. Die grösste Verantwortung wird Herstellern in Schweden, der Tschechischen Republik und den Niederlanden zugeschrieben, über die Hälfte der Verbraucher sieht das so.
In Polen und Italien sind die Befragten der Meinung, dass die Eindämmung von Plastikmüll nur im Zusammenspiel verschiedener Akteure gelingen kann. In Polen vor allem von Regierung (39 Prozent) und Herstellern (38 Prozent), in Italien von Regierung (30 Prozent), Herstellern (27 Prozent) und Verbrauchern (27 Prozent). Russland bildet hier eine Ausnahme. Knapp 65 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass in erster Linie die Regierung handeln müsste.
Insgesamt zeigt die Studie, dass über alle untersuchten Länder hinweg der Handel am wenigsten für die Problematik verantwortlich gemacht wird. Nur durchschnittlich 7 Prozent der Befragten sehen den Handel in der Pflicht.
Massnahmen der Hersteller werden häufig nicht wahrgenommen
Bei der Frage, welche Marken proaktiv versuchen, Plastikabfälle zu reduzieren, erhalten Hersteller deutlich weniger Anerkennung als Händler. Im Durchschnitt kann nur jeder zehnte Verbraucher eine Marke nennen, die seinem Eindruck nach Plastikmüll vermeidet. Aber auch dann handelt es sich bei mehr als der Hälfte der genannten um Eigenmarken der Händler. Der Handel befindet sich daher in einer recht komfortablen Situation - es wird nicht viel erwartet, Anerkennung gibt es jedoch leicht.
Lenneke Schils und Martin Schlottmann, GfK-Experten im Bereich Fast Moving Consumer Goods (FMCG), haben die Studie von April bis Mai 2019 durchgeführt.
Lenneke Schils erklärt: "Es besteht kein Zweifel, dass Verbraucher sich grosse Sorgen über das Thema Plastikmüll machen und den Eindruck haben, dass sie bereits viel tun, um Plastik zu vermeiden. Vor allem Hersteller sehen sie in der Pflicht, eine Lösung für das Problem zu finden. Dadurch eröffnen sich Herstellern klare Chancen, die Treue ihrer Kunden zu gewinnen. Es geht darum, zu zeigen, dass sie aktive Massnahmen zur Vermeidung von Plastikabfällen ergreifen."
Insbesondere Hersteller müssen also aktiv werden, ihre lokalen Zielgruppen auf innovative Art und Weise ansprechen und Verbraucher dazu einladen, an der Lösung gemeinsam zu arbeiten.
"Angesichts der starken Konkurrenz im Markt bietet diese gemeinsame Sorge um Plastikabfälle den Akteuren die Chance, ihr Angebot zu differenzieren und ihre Markenbotschaft mit Programmen zur Vermeidung von Plastik zu verknüpfen. Verbraucher entscheiden sich zunehmend für Marken, die ihre Werte widerspiegeln. Unternehmen, die das ignorieren, werden es in den nächsten Jahren zunehmend schwerer haben", ergänzt Martin Schlottmann.
Zur Studie
Die in dieser Pressemitteilung genannten Daten basieren auf den Ergebnissen einer GfK-Umfrage in zwölf europäischen Märkten: Österreich, Belgien, Tschechische Republik, Dänemark, Deutschland, Ungarn, Italien, Niederlande, Polen, Russland, Slowakei und Schweden. Diese Umfrage ist Teil der globalen Studie "Plastic Waste: who cares who does?", die in Zusammenarbeit mit Europanel und Kantar in 25 Ländern durchgeführt wurde.