Zürich

Tourismus - Die einheimischen Gäste konnten die Herbstsaison nicht retten

Der Herbst hat in den letzten Jahren touristisch stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere für spontane Entdeckungsreisen (Symbolbild)
Der Herbst hat in den letzten Jahren touristisch stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere für spontane Entdeckungsreisen (Symbolbild) (Bildquelle: Thomas Jundt (CC BY-NC 2.0))

Gemäss einer nationalen Umfrage von Schweiz Tourismus zum Herbst verzeichneten die Bergregionen einen Anstieg der Logiernächte von einheimischen Gästen um 15 bis 20 %, ähnlich wie im Sommer. Auffälliger war jedoch die Abwesenheit ausländischer Touristen (- 55 %). Im Herbst haben sich Trends vom Sommer weiter akzentuiert: Einheimische Gäste machten vermehrt Ferien in anderen Sprachregionen, es gab viele Last-Minute-Buchungen und der Geschäftstourismus in den Städten ist massiv eingebrochen. Aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen und stärkeren Reiseeinschränkungen in Europa fiel das Ergebnis im Oktober weniger positiv aus als im September. Auf nationaler Ebene reicht der Anstieg der Schweizer Gäste nicht aus, um den drastischen Rückgang an ausländischen Gästen zu kompensieren.

Der Herbst hat in den letzten Jahren touristisch stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere für spontane Entdeckungsreisen. Seit 2018 führt Schweiz Tourismus (ST) deshalb internationale Herbstkampagnen durch und analysiert die Entwicklung in der farbenfrohen Nebensaison. Gemäss den Ergebnissen einer Ende Oktober von ST durchgeführten Branchenumfrage wird die Herbstsaison 2020 (September und Oktober) auf nationaler Ebene eine insgesamt negative Logiernächtebilanz aufweisen. Für die beiden Herbstmonate meldeten die Bergdestinationen und das Tessin einen grossen Zustrom von Schweizer Gästen. Das schlägt mit einem Anstieg der Übernachtungen um 15 bis 20 % positiv zu Buche. Alle diese Regionen stellen jedoch fest, dass die Gästezahlen aus den europäischen Nachbarländern im Herbst stark zurückgegangen sind.

Im Sommer waren diese Zahlen deutlich zufriedenstellender. Insbesondere die von Belgien und Deutschland eingeführten Reisebe-schränkungen in die Schweiz hatten einen grossen Einfluss. So wird der für diesen Herbst erwartete Rückgang der Übernachtungen ausländischer Touristen stärker ausfallen als in den Sommermonaten (- 55 %, verglichen zum Vorjahr). Bei den Tagesausflüglern (Eintritte zu Attraktionen und Exkursionen) zeigt sich ein ähnlicher Trend mit einem Plus von 10 % bei Inlands- und einem Minus von fast 50 % bei Auslandsgästen. Ab Mitte Oktober kam es bei vielen Anbietern zu einem starken Rückgang der Buchungen und Teilnehmerzahlen. Das ist auf die drastische Zunahme der Reisebeschränkungen, den Beginn der «zweiten Welle» der Pandemie, in Verbindung mit schlechtem Wetter und Schneefall, zurückzuführen.

Die Hotelübernachtungen waren im September insgesamt rückläufig.

Die in der ST-Umfrage aufgezeigten Trends zum Verlauf der Herbstsaison werden von den offiziellen Hotellogiernächtezahlen für den Monat September des Bundesamts für Statistik bestätigt: Die Zahlen zeigen, dass die schweizweite Zunahme der Hotelübernachtungen von Schweizer Gästen (+ 20,6 %) den massiven Rückgang bei den ausländischen Gästen (- 68.5 %) nicht kompensieren kann, was zu einem Minus von insgesamt 28,1 % führt. Die einzigen drei Regionen, die total ein Plus bei den Hotellogiernächten erreichen, sind das Tessin (+15,1 %), Graubünden (+14,6 %) und die Ostschweiz (+3,7 %). Optimistisch stimmt aber, dass im September 2020 im Vergleich zum September 2019 eine Verlängerung der Aufenthaltsdauer um 10.5 % verzeichnet werden konnte.

Die Rückgänge in den grossen städtischen Regionen, beeinflusst durch das fast vollständige Fehlen von Touristen aus fernen Ländern und die Verlangsamung des Geschäftstourismus, können als dramatisch bezeichnet werden: Genf (- 73,9 %), Zürich (- 63,3 %), Basel (- 50,2 %). Die Situation der Tourismusanbieter in den Städten hat sich mit der Einführung strengerer Schutzmassnahmen durch Bund und Kantone weiter verschlechtert, ohne Aussicht auf eine baldige Wiederaufnahme des Veranstaltungs-, Geschäfts- und Kongresstourismus.

Trends: Wandern und Radfahren werden immer beliebter.

Die von ST befragten touristischen Leistungsträger in den Bergregionen bestätigen die signifikanten Trends für Schweizer Gäste, die sich im Sommer abzeichneten: Diese Gästegruppe ist immer häufiger in anderen Sprachregionen des Landes anzutreffen. Vor allem Graubünden und die Ostschweiz verzeichnen weiterhin einen stetigen Anstieg der Gästezahl aus der Romandie. Aufgrund der mit den Reiseeinschränkungen verbundenen Unsicherheiten werden Buchungen nach wie vor kurzfristiger vorgenommen. Als Folge der Pandemie haben verschiedene Dienstleistungsanbieter das Fehlen von Gruppen (Verbände, Vereine, Schulen) festgestellt, was sich auch negativ auf die Einnahmen der Busunternehmen ausgewirkt hat.

Outdoor-Sportarten wie Wandern, Mountainbiken und Velofahren waren in diesem Herbst bei den Schweizern sehr beliebt, wie Anke Lock, Managerin des Hotels The Cambrian in Adelboden (BE), betont: «Die Gäste haben die Wanderpauschalen und Fahrradangebote mehr als je zuvor in Anspruch genommen. Die Sportgeschäfte an unserem Reiseziel haben einen Rekordsommer und -herbst erlebt.» Auch im Tessin, wo der Herbst im Tourismus eine immer wichtigere Rolle spielt, bevorzugen die Gäste Ausflüge zu Fuss oder mit dem Velo.

Gute Saison für Wohnungen und Ferienhäuser.

Auf die Vermietung von Ferienwohnungen spezialisierte Anbieter wie Interhome berichten von einer guten Herbstsaison: «In den letzten fünf Monaten haben wir eine Verdoppelung der Buchungen von Schweizer Kunden im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 erlebt», sagt Interhome-Sprecherin Bianca Gähweiler. Dieser starke Anstieg der Buchungen spiegelt sich auch auf der Ferienhaus-Buchungsplattform e-domizil wider, die zwischen September und November 2020* einen Anstieg der Buchungen in der Schweiz um 158 % im Vergleich zu 2019 verzeichnete.