Die Gefahren durch Salmonellen - Was man jetzt herausgefunden hat
02.08.2021 | 10:10
Salmonelleninfektionen können ein breites Spektrum an Krankheitsverläufen zur Folge haben. Ein Grund dafür, dass einige Fälle harmlos, andere dagegen sehr schwer verlaufen, liegt nach neusten Forschungsergebnissen in der Darmflora.
Eine Infektion mit Salmonellen kann sehr unterschiedliche Folgen haben. Während einige Infizierte gar nichts von der Ansteckung mit den Bakterien bemerken – man spricht dann von einem asymptomatischen Verlauf – leiden andere unter starken Magen-Darm-Beschwerden. Im Extremfall kann eine Salmonelleninfektion sogar zum Tod führen. Warum die Erkrankung so unterschiedlich schwer ausfällt, war bisher weitgehend unbekannt.
Doch nun hat die Mikrobiologin Alyson Hockenberry, Postdoc in der Eawag-Forschungsabteilung Umweltmikrobiologie von Prof. Martin Ackermann, eine mögliche Ursache entdeckt: die natürliche Darmflora des Infizierten und ihre Stoffwechselprodukte. Gemeinsam mit weiteren Forschenden des Wasserforschungsinstituts Eawag und der ETH Zürich hat sie herausgefunden, dass kurzkettige Fettsäuren, die von im Darm ansässigen Bakterien produziert werden, den Verlauf der Infektion entscheidend beeinflussen können.
Die Tricks der Salmonellen
Salmonellen gelangen meist über verunreinigte Lebensmittel in den Verdauungstrakt. Um die natürliche Darmflora möglichst schnell zu verdrängen und selbst den Darm zu besiedeln, haben die Krankheitserreger einige Tricks auf Lager. «Ein Trick ist das Ausbilden unterschiedlicher Zelltypen innerhalb einer Population genetisch identischer Bakterien», sagt Hockenberry. «Jeder Zelltyp ist auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert. Das bringt Vorteile mit sich, denn durch die Kooperation der unterschiedlichen Zelltypen erhöht sich die Fähigkeit der Salmonellen, Erkrankungen zu verursachen.»
Ein Zelltyp ist etwa darauf spezialisiert, Entzündungen in der Darmschleimhaut auszulösen. Die Entzündungen erhöhen einerseits die Nährstoffverfügbarkeit für die Salmonellen, andererseits führen sie zum Absterben der natürlichen Darmflora. So eröffnen sich Nischen für die Ansiedlung der eindringenden Krankheitserreger. Ein zweiter Zelltyp ist wiederum darauf spezialisiert, schnell zu wachsen und somit die frei werdenden Nischen möglichst rasch zu besetzen. Das Zusammenspiel der beiden Zelltypen verschafft den Salmonellen einen deutlichen Vorteil. Innert weniger Stunden können sie so die Bakterien der natürlichen Darmflora verdrängen und sich selbst breitmachen.
Die Darmflora schlägt zurück
Die Darmflora ist jedoch nicht wehrlos. Das Forscherteam um Alyson Hockenberry konnte mit Hilfe von Experimenten und stochastischen Simulationen zeigen, dass kurzkettige Fettsäuren, also die Stoffwechselprodukte der natürlichen Darmflora, das Wachstum des entzündungsauslösenden Zelltyps verlangsamen. Je höher die Konzentration der Fettsäuren war, desto stärker wurde das Wachstum gehemmt. «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Stoffwechselprodukte das kooperative Zusammenspiel der Zelltypen beeinflussen und dadurch die Ausbreitung der Salmonellen abschwächen können», sagt Hockenberry.
Mögliche Erklärung für asymptomatische Krankheitsverläufe
Das kann erklären, warum die Menschen so unterschiedlich auf eine Salmonelleninfektion reagieren. Jeder Mensch beheimatet eine sehr individuelle Zusammensetzung von Bakterien in seinem Darm. Ein Grund hierfür sind insbesondere die individuellen Ernährungsgewohnheiten. Während die Darmflora des einen also die Ausbreitung der Salmonellen vollständig verhindern könnte, kann die Darmflora eines anderen den Krankheitserregern nur wenig oder nichts entgegensetzen. Die Erkrankung nimmt ihren individuellen, von der Darmflora beeinflussten Verlauf.
«Wir hoffen, dass die neuen Erkenntnisse auch dazu beitragen werden, besser zu verstehen, wie asymptomatische Infektionen generell entstehen», sagt Alyson Hockenberry. «Denn Infektionen ohne Krankheitssymptome spielen häufig eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Krankheiten, wie wir das aktuell bei der Corona-Pandemie beobachten können.»