Nicht-körperlicher sexueller Belästigung ausgesetzt zu sein, kann Symptome von Angst, Depression, ein negatives Körperbild und geringes Selbstwertgefühl auslösen. Zu diesem Ergebnis kommen Psychologen der Norwegian University of Science and Technology's. Das gilt für abwertende sexuelle Bemerkungen über das Äussere, Verhalten, sexuelle Orientierung, unerwünschte sexuelle Aufmerksamkeit, Gerüchte über die eigene Person oder das Zeigen von Bildern mit sexuellem Inhalt.
Mädchen häufiger Opfer
Mons Bendixen und Leif Edward Ottesen Kennair haben für zwei Studien 3'000 Highschool-Schüler zu sexueller Belästigung im vergangenen Jahr befragt. Fazit: Sexuelle Belästigung findet nicht nur von Jungen gegenüber Mädchen statt. Genauso verbreitet ist die Belästigung von Jungen durch andere Jungen. Jungen und Mädchen sind gleichermassen unangenehmer oder offensiver nicht-körperlicher sexueller Belästigung ausgesetzt. Rund 62 Prozent beider Geschlechter geben an, dass sie bereits derartige Erfahrungen gemacht haben.
"Die am meisten belästigten Teenager haben insgesamt mehr Probleme. Mädchen haben jedoch deutlich mehr zu kämpfen, egal, in welchem Ausmass sie belästigt werden", so Kennair. Mädchen sind laut Bendixen auch durch sexuelle Belästigung negativer betroffen als Jungen. Ein Mädchen zu sein, ist zweifellos der wichtigste Risikofaktor, wenn Teenager davon berichten, dass sie mit Angst, Depression, einem negativen Körperbild oder geringem Selbstwertgefühl kämpfen. Nicht körperliche sexuelle Belästigung ist der zweitwichtigste Risikofaktor.
Sexueller Missbrauch vielschichtig
Laut Bendixen und Kennair ist es entscheidend, zwischen verschiedenen Formen von Belästigung zu unterscheiden. Die Forscher haben die Schüler in zwei Gruppen aufgeteilt: Nicht körperliche sexuelle Belästigung und körperlich übergriffiges sexuelles Verhalten wie unerwünschtes Küssen, Grapschen, intime Berührungen und Geschlechtsverkehr. Diese Art von Übergriffen wird in der Literatur häufig als sexueller Missbrauch bezeichnet.
Studien fassen diese beiden Formen unerwünschten Verhaltens meistens zusammen. Daher findet sich ein abschätziger Kommentar dann in der gleichen Kategorie wie eine Vergewaltigung wieder. Bendixen zufolge ist die aktuelle Studie die erste, die zwischen diesen beiden Arten von Belästigung unterscheidet und gezielt die Auswirkungen von nicht körperlicher sexueller Belästigung untersucht.
Kommentare, die für manche unschuldig genug erscheinen, können bei anderen zu deutlichen Problemen führen. Nicht jeder interpretiert Slang oder Beleidungen gleich. Wenn jemand als "Hure" oder "schwul" bezeichnet wird, muss er das nicht als Angriff werten. Daher überliessen es die Forscher den Jugendlichen zu beurteilen, ob sie ein Ereignis als beleidigend bewerteten oder eben nicht.
Verschiedene Einflussfaktoren
Die im "International Journal of Public Health" veröffentlichten Ergebnisse umfassen zwei Studien. Die erste aus 2007 umfasste 1'384 Schülerinnen und Schüler. An der zweiten von 2013 bis 2014 durchgeführten nahmen 1'485 Jugendliche teil. Beide wurden in der Provinz Sør-Trøndelag durchgeführt und sind hinsichtlich der demografischen Bedingungen vergleichbar.
Die Ergebnisse der ersten Studie wiederholten sich in der zweiten. Die Forscher berücksichtigen auch eine ganze Reihe von möglichen Einflussfaktoren wie getrennt lebende Eltern oder eine Arbeitslosigkeit der Eltern, das Ausbildungsprogramm, die Zugehörigkeit zu einer sexuellen Minderzeit, Migrationsstatus und den Umstand, ob es im vergangenen Jahr zu einer körperlichen Nötigung oder zuvor zu sexuellen Übergriffen gekommen war.
Sexuelle Minderheiten berichteten von mehr psychischen Belastungen. Gleiches galt für junge Menschen, deren Eltern arbeitslos waren. Studenten mit Einwandererstatus berichten aber nicht von mehr Belastungen. Sexuelle Minderheiten scheinen auch nicht negativer von sexuellen Belästigungen betroffen zu sein als ihre heterosexuellen Altersgenossen. Es zeigt sich insgesamt jedoch, dass nicht-körperliche sexuelle Belästigung negative Auswirkungen hat.
Artikelfoto: Wokandapix (CC0 Creative Commons)