Die Stresserkrankung Burnout hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die Betroffenen leiden häufig unter vielfältigen Symptomen, sicher aber unter sehr starker und langandauernder Erschöpfung. Die Entwicklung verläuft meist schleichend und lange unbemerkt, man spricht von einer Burnout-Spirale.
Prävention ist sehr wichtig, da in einem frühen Stadium viele Handlungsmöglichkeiten bestehen. Die Betroffenen sind dabei auf die Rückmeldung von Personen in ihrem Umfeld angewiesen.
Schweizweite Befragung
Um die Frage zu beantworten ob Burnout für die Schweizer Landwirte und Landwirtinnen, eine sehr unterbeforschte Berufsgruppe für diese Fragestellung, relevant ist, wurde ein schriftlicher Fragebogen erstellt, der im Mai und Juni 2016 an 4'000 Schweizer LandwirtInnen verschickt und von 1'358 Betriebsleitenden bzw. deren PartnerInnen online oder auch schriftlich ausgefüllt wurde.
Die Gruppe der Antwortenden repräsentieren die Struktur der Schweizer Landwirtschaft sehr gut. Die LandwirtInnen beantworteten einerseits einen standardisierten Burnout-Fragebogen (das Copenhagen Burnout Inventory - CBI), andererseits sehr vielfältige Fragen zu den möglichen Verursachungsfaktoren für Burnout.
Da es sich bei der Befragung um einen Selbstbeurteilungsfragebogen handelt und nicht um eine klinische Diagnose, sprechen wir von "Burnout-Gefährdung". Die retournierten Fragebögen weisen eine Burnout-Gefährdung von 12 Prozent für die Landwirtschaft aus. Dieses Ergebnis zeigt einerseits, dass die Landwirtschaft nicht von Burnout verschont ist.
Häufiger betroffen als die übrige Bevölkerung
Andererseits sind LandwirtInnen nach dieser Untersuchung tendenziell sogar häufiger von Burnout betroffen als der Durchschnitt der übrigen Bevölkerung. Die Burnout-Werte für die Schweizer Allgemeinbevölkerung liegen bei 6,1 Prozent. Es handelt sich hierbei um die Erschöpfungsrate, ermittelt durch Gesundheitsförderung Schweiz 2014, mittels eines eigens entwickelten Fragebogens (Igic, 2015).
Für die Allgemeinbevölkerung in Deutschland liegen Messwerte mit einem standardisierten psychologischen Burnout-Fragebogen vor. Stöbel-Richter, Daig, Brähler und Zenger (2013) messen mit der deutschen Version des CBI eine mit 6,0 Prozent fast gleich hohe Burnout-Rate wie in der Schweiz.). Die Gründe für diese Unterschiede wurden nicht untersucht.
Finanzen grösster Risikofaktor
Bei Burnout spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle. Neben persönlichen Eigenschaften und Lebenserfahrungen einer Person beeinflussen auch äussere Faktoren und Belastungen die Entstehung von Burnout. Die Untersuchungen von Agroscope und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW haben gezeigt, dass die Burnout-Gefährdung auch in der Landwirtschaft auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist.
In der Tendenz zeigt sich, dass Grösse und Art der Betriebe und Haushalte eher wenig Einfluss haben. Die finanzielle Situation, der allgemeine Gesundheitszustand, Freizeitmangel und Zeitdruck sowie die enge Verflechtung von Arbeit und Familie und dadurch bedingte Konflikte scheinen die grössten Einflussfaktoren zu sein.
Schutzfaktoren sind wichtig
Gute Beziehungsqualität, soziale Kompetenzen wie gute Selbstkontrolle und Entscheidungsfreudigkeit erweisen sich als Schutzfaktoren.
Auch wenn sich gewisse Faktoren wie eine angespannte finanzielle Situation und Konflikte durch die enge Verflechtung von Arbeit und Familie als relevant erweisen, so ist die Entstehung von Burnout auch immer sehr individuell. Die Untersuchung legt nahe, dass es für die einzelnen Personen wichtig ist, ihre individuelle Situation zu betrachten und eventuell nötige Veränderungen einzuleiten.
Bei zu treffenden Entscheidungen ist dabei die Frage nach der eigenen Belastbarkeit nicht ausser Acht zu lassen. Entscheidungen in der Landwirtschaft ziehen zudem häufig Konsequenzen für mehrere Jahre nach sich.
Die Studie zeigt, dass Burnout ein Thema in der Schweizer Landwirtschaft ist. In weiteren Analysen wäre zu untersuchen, welche Schutzfaktoren die Burnout-Prävention in der Landwirtschaft optimieren helfen.
Artikelfoto: Agroscope