Aufmerksam beobachtet er mit seinen gelben Kulleraugen das Geschehen. Denn im Tierpark teilen sich die Steinkäuze die Voliere mit den Waldrappen; da ist immer so einiges los. Im waldrapplichen Gewusel ist der kleine Kauz erst auf den zweiten Blick zu entdecken. Denn er sitzt gerne gut getarnt in den Nischen und Spalten. Er ist auch nicht der grösste, misst er doch nur rund 22 Zentimeter Höhe. Zudem ist er mit seinen ca. 200 Gramm nur in etwa so schwer wie zwei Tafeln Schokolade.
Beim Steinkauz sehen Weibchen und Männchen gleich aus: Beide haben ein graubraun gesprenkeltes Gefieder, einen charakteristischen cremefarbenen Überaugenstreifen sowie einen breiten, etwas flachen Kopf ohne Federohren. Der Steinkauz lebt ganzjährig im selben Revier, welches er mit Balzrufen als sein Territorium kennzeichnet. Er ist nachtaktiv, kann aber auch mal tagsüber beobachtet werden. Als Jäger der Nacht erbeutet er kleine Nager und Grossinsekten, im Winter weicht er auch schon mal auf Kleinvögel aus.
Am meisten bedrohte Eulenart der Schweiz Das Aussterben des Steinkauzes in der Schweiz konnte gerade noch verhindert werden. Ursprünglich bewohnte der Steinkauz, der zu der Familie der eigentlichen Eulen gehört, den Mittelmeerraum sowie die asiatischen Steppen und Halbwüsten. Erst mit der Besiedelung von Mitteleuropa durch den Menschen belebte er als typischer Kulturfolger die hiesigen Gegenden. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es in der Schweiz noch mehr als 800 Brutpaare, doch ab den 50er und 60er Jahren schwanden die Bestände. Durch Überbauung, Rodungen und die Intensivierung der Landwirtschaft schwanden die Lebensräume des Steinkauzes dramatisch. Der Tiefpunkt war anfangs der Nullerjahre erreicht, als nur noch rund 50-60 Brutpaare gezählt wurden.
Bemühungen verschiedenster Organisationen und diverse Fördermassnahmen haben dazu beigetragen, dass es mittlerweile wieder 149 Steinkauz-Reviere gibt. Dabei sind zwei Punkte besonders wichtig: Gebiete zur Fortpflanzung sowie Vernetzungsgebiete, um den Austausch zwischen den Populationen zu fördern. Für die Fortpflanzung benötigt der Steinkauz Hohlräume in Bäumen, aber auch in Mauernischen – er ist ein typischer Höhlenbrüter. Daher ist der Erhalt von Hochstammobstgärten und Eichenhainen wichtig, wie auch Nisthilfen zum Ausgleich von fehlenden natürlichen Höhlen.
Auswilderung von Steinkäuzen In den letzten zwei Jahren konnten die Steinkauz-Nachzuchten des Natur- und Tierparks Goldau in Deutschland ausgewildert werden: 2019 waren es sechs und 2020 fünf Jungtiere, die zur Stärkung einer Wildpopulation im Naturpark Nuthe-Nieplitz wiederangesiedelt wurden. Das Wiederansiedlungsprojekt in den Naturparks Nuthe-Nieplitz und Hoher Fläming in Deutschland läuft bereits seit dem Jahr 2011. Das Projekt will eine sich selbst erhaltende Wildpopulation etablieren – dies durch die artgerechte Auswilderung von mindestens 50 Jungvögeln pro Jahr. Zusätzlich sollen Korridore geschaffen werden, um die beiden Projektgebiete zu vernetzen.
So hofft der Natur- und Tierpark Goldau, mit weiteren Zuchterfolgen zu der Arterhaltung beitragen zu können – und dass der kleine, unscheinbare Steinkauz durch die Ernennung zum Vogel des Jahres die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient.