Das ist immerhin ein Trend in die richtige Richtung, vor zwei Jahren waren es noch 17,5 Prozent. Rückläufig ist auch die Zahl rein männlicher Führungsebenen: Dieser Anteil ist von 38 Prozent vor zwei Jahren auf heute 33 Prozent gesunken.
Interessant sind dabei auch die regionalen Unterschiede: Die Westschweiz zeigt sich dabei als Spitzenreiter - mit einem Frauenanteil in Geschäftsleitungen von durchschnittlich 24 Prozent. Im Tessin sind es noch 22 Prozent, während die Ergebnisse der Deutschschweiz zwischen 14 Prozent (Region Zürich/Schaffhausen) und 20 Prozent (Region Innerschweiz) liegen. Auch die Branchen unterscheiden sich klar: Bei den Dienstleistern sitzen schon 27 Prozent Frauen an der Spitze, gefolgt von Life Sciences mit 22 Prozent und Handel (21 Prozent). Am wenigsten Frauen in der obersten Führungsetage finden sich mit 11 Prozent im Segment Bau/Energie.
"Dass nur knapp jedes fünfte Mitglied der Geschäftsführung eine Frau ist, wird den heutigen Herausforderungen nicht gerecht. Um die anstehenden Herausforderungen - gerade auch durch die Digitalisierung - zu meistern, sind gemischte Teams wichtig. Unsere Erfahrungen in der Beratung zeigen klar, dass Unternehmen mit mehr Frauen in Führungspositionen Vorteile auf dem Markt haben. Ihre Mitarbeitenden sind engagierter, ihre Unternehmenskultur wird offener, und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steigt", kommentiert Robin Errico, Chief Risk Officer und Leiterin für Diversity & Inclusiveness bei EY in der Schweiz.
Selber Mutter einer neunjährigen Tochter treibt die gebürtige Amerikanerin Diversität in der eigenen Unternehmen aktiv voran - angefangen bei ihren Geschäftsleitungskollegen. Gleichzeitig begleitet sie mit ihrem Team auch Kunden auf diesem Weg.
70 Prozent überzeugt vom positiven Einfluss eines hohen Frauenanteils
Tatsächlich beschäftigen Unternehmen, die ihre Geschäftslage als "gut" bewerten und mit einer weiteren Verbesserung der eigenen Geschäftslage rechnen, 21 Prozent Frauen in der Führungsetage. Bei Unternehmen, die ihre Geschäftslage als «eher schlecht» oder «schlecht» bewerten und nicht mit einer Verbesserung rechnen, sind es nur 11 Prozent Frauen.
Im Schnitt implementiert jedes sechste Unternehmen Massnamen zur Erzielung eines Gleichgewichtes von Frauen und Männern in Führungspositionen - dieser Anteil ist bei Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Franken sowie bei Unternehmen in der Romandie und in der Region Aargau/Basel besonders hoch. Was genau aktive Frauenförderung bedeutet, variiert aber je nach Betrieb. Am häufigsten werden Modelle für flexible Arbeitszeiten, Mutter- und Vaterschaftsurlaube, spezifische Trainings zur Thematik "Gleichstellung von Frauen" und "Home Office"-Möglichkeiten angeboten.
Bedeutung von gemischten Teams erst spät erkannt
Trotzdem dürfte der Anteil weiblicher Führungskräfte weiterhin nur langsam ansteigen. Denn im Vergleich zur letzten Befragung gaben mehr der befragten Unternehmen an, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung geeigneter weiblicher Fachkräfte zu haben (39 Prozent vs. 35 Prozent), vor allem in den Bereichen Bau/Energie und Life Sciences.
Robin Errico sieht dafür verschiedene Ursachen: "Zum einen haben viele Unternehmen die aktive Unterstützung von Frauen auf allen Ebenen lange Zeit nicht ernst genug genommen und gar nicht oder erst spät damit angefangen. Zum anderen ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oft nach wie vor schwierig - wovon insbesondere Frauen betroffen sind. Denn immer noch kümmern sich häufiger die Frauen um die Familie, während die Männer die Hauptverdiener sind. Neben Strukturen müssen also weiterhin auch Denkweisen aufgebrochen und angepasst werden."
EY hat sich selber klare Ziele gesetzt
Auch EY selbst arbeitet daran, das eigene Unternehmen diverser zu gestalten. «Wir verfolgen das Ziel, den Anteil weiblicher Partner bis 2020 auf 25 Prozent zu erhöhen. Zudem wollen wir ein möglichst ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bei der Rekrutierung», sagt Robin Errico. Bei EY sollen Frauen und Männer sich auf allen Ebenen und in allen Funktionen in möglichst flexiblen Strukturen und vielfältig gemischten Teams individuell entfalten können.
Wirkungsvolle Massnahmen, um selbst etwas zu bewegen
EY bietet Unternehmen auch Beratung bei Fragen von Diversität und Inklusion und hat fünf Aktionsfelder definiert, in denen Unternehmen selbst etwas bewegen können.
- Möglichkeiten für flexibles Arbeiten verbessern: Frauen übernehmen immer noch den grösseren Teil des Familienmanagements und sind daher auf Flexibilität angewiesen. Wichtig ist, dass Männer zu Hause ebenfalls Verantwortung tragen können. Das bedingt einen bewussten Umgang mit dem eigenen Arbeitseinsatz, Vertrauen vonseiten des Unternehmens und die nötigen technischen Arbeitsinstrumente.
- Eine unterstützende Umgebung schaffen: Die Rolle der Unternehmensleitung für einen Kulturwandel kann kaum überschätzt werden. Frauen fühlen sich motiviert, wenn sie sichtbare Unterstützung erhalten. Unternehmen sollen zudem das Topmanagement dazu verpflichten, sich als Mentoren und Sponsoren zur Verfügung zu stellen.
- Den Weg an die Spitze ausleuchten: Erfolgreiche Unternehmen helfen Frauen aktiv bei der Navigation auf ihrem Karriereweg nach oben. Interne und externe Leadership-Programme und Netzwerke helfen Frauen beim Vorwärtskommen. Die Einführung messbarer und realistischer Ziele für einen Frauenanteil im Topmanagement ist ein weiterer Motivator.
- Vorurteile bewusst machen: Viele Mitarbeitende sind sich nicht bewusst, dass sie andere unterschiedlich bewerten und behandeln. Unternehmen können dies in der Weiterbildung des Managements thematisieren. Das Ziel muss sein, dass sich Menschen aller Art individuell entfalten können.
Artikelfoto: EY Schweiz