Sämtliche Kindersitze wurden bezüglich Sicherheit, Bedienung, Ergonomie, Schadstoffgehalt sowie Reinigung und Verarbeitung geprüft und bewertet. Die 32 mindestens als "empfehlenswert" eingestuften Produkte übertreffen die gesetzlichen Vorschriften deutlich; die Anforderungen des Verbraucherschutztests wurden bei ihrer Entwicklung berücksichtigt.
80 Prozent der Kindersitze sind empfehlenswert oder besser
Lediglich drei Testprodukte wurden mit "bedingt empfehlenswert" bewertet, zwei davon können gemäss Hersteller von der Geburt des Kindes bis zum Ende der Kindersitzpflicht verwendet werden. Was sich praktisch und kostensparend anhört ist jedoch ein Kompromiss auf Kosten der Sicherheit. Alters- und gewichtsklassenkonforme Kindersitze schneiden punkto Sicherheit besser ab.
Auch der dritte "bedingt empfehlenswerte" Sitz sowie zwei der vier "nicht empfehlenswerten" Produkte weisen Sicherheitsmängel auf. Die beiden anderen "nicht empfehlenswerten" Kindersitze weisen eine hohe Schadstoffbelastung auf.
Trend zu zweiseitig montierbaren Sitzen
Es kommen immer mehr Sitze in den Handel, die sowohl in Fahrtrichtung wie auch entgegen der Fahrtrichtung montiert werden können. Im aktuellen TCS-Test bieten sechs Modelle diese beiden Optionen. Sie können von der Geburt des Kindes bis zu einem Alter von ca. vier Jahren genutzt werden.
Allerdings dürfen auch in diesen Sitzen Kinder unter 9 kg (in nach UN ECE R44 zugelassenen Modellen) bzw. unter 15 Monaten (in nach UN ECE R129 zugelassenen Modellen) auf keinen Fall in Fahrtrichtung sitzen. Der Einbau entgegen der Fahrtrichtung reduziert das Verletzungsrisiko von kleineren Kindern bei einem Frontalunfall.
Auch der Mifold Grab-and-Go wurde getestet
Wegen der grossen öffentlichen Aufmerksamkeit wurde auch der klappbare Kindersitz "Mifold Grab-and-Go" getestet, obwohl er keinen Seitenaufprallschutz bietet und damit eine wesentliche Grundanforderung des Kindersitztests nicht erfüllt.
Er erweist sich als klein und leicht, hat aber bei der Handhabung und Ergonomie Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Sitzerhöher ohne Rückenstütze. Er bietet einen ausreichenden Schutz bei einem Frontalaufprall, kann aber leicht verrutschen und die Gurtführungen halten den Dreipunktgurt nicht sicher in der richtigen Position.
Neue Richtlinie für die Zulassung von Kindersitzen
Der Gesetzgeber überarbeitet die Zulassungsvorschrift für Kindersitze. Die erste Phase der neuen Richtlinie wurde bereits von der UN-ECE verabschiedet und gilt seit 2014 auch in der Schweiz. Die neue Richtlinie wird während mehrerer Jahre Übergangszeit parallel zur bisherigen Norm ECE R44 bestehen. Die wesentlichen Neuerungen sind:
Die Produkte müssen einen Seitenaufpralltest bestehen, um eine Zulassung zu erhalten. Damit wird eine langjährige Forderung des TCS umgesetzt, denn ein solcher ist bereits seit über 10 Jahren Teil des TCS-Tests.
Körpergrösse entscheidend bei Wahl
Der Kindersitz muss nicht mehr aufgrund des Gewichts des Kindes ausgewählt werden, sondern aufgrund der Körpergrösse des Kindes. Dabei kann der Hersteller selbst festlegen, für welchen Grössenbereich sein Sitz geeignet ist, z. B. von 40 cm bis 100 cm Körpergrösse. Die Einteilung der Sitze in Klassen entfällt. Alle Kinder bis 15 Monate müssen gegen die Fahrtrichtung transportiert werden. Das gilt nur für Kindersitze, die nach der neuen Richtlinie zugelassen sind, nicht für Produkte mit ECE-R 44-Zulassung.
Auch bei herkömmlichen Babyschalen ist eine längere Verwendung möglich. Da Kinder aber häufig bereits mit 9kg in einen grösseren, vorwärts gerichteten Sitz wechseln, kommt dies einer Einbusse bei der Sicherheit gleich. Der TCS empfiehlt daher Kinder so lange wie möglich rückwärts zu transportieren, d.h. bis der Kopf aus der Schale kommt, resp. 13kg erreicht sind.
Bis auf weiteres wird die bestehende Norm ECE R44 ihre Gültigkeit behalten. Sie darf parallel zur neuen Richtlinie weiterverwendet werden, somit sind die aktuellen Kindersitze noch während mehrerer Jahre kauf- und einsetzbar.
Schadstoffprüfung
Die Schadstoffprüfung wurde durch die "Stiftung Warentest" in Auftrag gegeben. Untersucht wurden die Sitze auf den Gehalt von PAK’s, Phthalaten, Flammschutzmitteln, phenolischen Verbindungen, Organozinn, AZO-Farbstoffen, Formaldehyd und Schwermetallen.
Dabei wurden alle Teile des Sitzes untersucht, mit denen ein Kind in Berührung kommt. Die Prüfung und Bewertung erfolgt dabei anhand des Dokuments ZEK 01.2-08 (u. a. Bestandteil der GS-Prüfung), der Richtlinie 1907/2006/EG ("REACH"), der EN-71 ("Spielzeugrichtlinie") und dem Standard Ökotex 100.
Ratgeber "Auto-Kindersitze 2017"
Weitere Informationen über Kinder-Insassensicherheit, Kauftipps und der aktuelle TCS-Kindersitztest sind im neusten Ratgeber "Auto-Kindersitze 2017" zusammengefasst. Beim Kindersitzeinbau helfen auch Einbauvideos, die direkt über einen QR-Code in der Broschüre oder auf der Homepage abgerufen werden können.
Der Ratgeber ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit des TCS und der bfu - Beratungsstelle für Unfallverhütung. Der Ratgeber kann ab dem 22.05.17 unter www.kindersitze.tcs.ch bestellt werden oder ist bei der bfu in Bern erhältlich. Der Ratgeber ist kostenlos.
Vorschriften bei der Kindersicherheit
Kinder müssen bis 12 Jahre oder 150 cm (was zuerst eintrifft) in einem entsprechenden Kindersitz gesichert sein. Bei einem gebrauchten Kindersitz muss darauf geachtet werden, dass er nicht zu alt ist. Dies lässt sich am besten an der orangefarbigen Etikette am Kindersitz erkennen. Auf dieser muss die Prüfnummer mit den Anfangsziffern 03 oder 04 stehen. Mehr Informationen sind im neunsprachigen Flyer "Kinder im Auto" enthalten, der unter www.ratgeber.tcs.ch bestellt werden kann.
Artikelfoto: TCS (CC BY-NC-SA 2.0)