Von der Verbuschung, über den Klima- und Strukturwandel bis hin zur Wirtschaftlichkeit – die Landwirtschaft im Alpen- und Berggebiet kennt viele Herausforderungen. Die neue Versuchsstation konzentriert sich insbesondere auf ökonomische, strukturelle, klimatische sowie produktions- und wertschöpfungsorientierte Fragen, um einen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung der Alp- und Berglandwirtschaft zu leisten. Ziel ist es, aus den Forschungserkenntnissen praxisorientierte Lösungen zu entwickeln, die im ganzen Alpenraum umgesetzt werden können.
Alpnutzungsplanung, Betriebswirtschaft und Milchtechnologie
Geplant sind etwa Projekte zur standortangepassten Weidebewirtschaftung unter den sich ändernden klimatischen Bedingungen, zu betriebswirtschaftlichen und sozialen Fragestellungen sowie zur Milchtechnologie. Die praxisorientierte Forschung soll unter anderem Lösungsansätze für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Alpweiden und Dauerwiesen erarbeiten. Darunter fällt auch, dass vermehrt Kleinwiederkäuer wie Ziegen oder Schafe eingesetzt werden, um die zunehmende Verbuschung zu bekämpfen oder dass Saatgutmischungen für den Futterbau weiterentwickelt werden, damit diese resistenter gegen Trockenstress sind. Weiter werden die Forscherinnen und Forscher zukunftsfähige Managementinstrumente, z. B. für Gemeinschaftsalpen, erarbeiten, die mithelfen sollen, Alpen erfolgreich zu bewirtschaften. Auch die Milchproduktion und -verarbeitung ist ein Forschungsschwerpunkt. Ziel ist es, mit den Alpkäsereien neue Produkte und Verarbeitungsverfahren zu entwickeln sowie die Einflussfaktoren auf die Qualität von Käse aus Kleinwiederkäuermilch zu evaluieren. Diese vielseitigen Projekte ergänzen die laufenden Forschungsaktivitäten von Agroscope in der Alp- und Berglandwirtschaft.
Ein Betriebsnetzwerk für den ganzen Alpenraum
Die Versuchsstation ist Teil der neuen Standortstrategie von Agroscope für mehr Forschung und mehr Praxisnähe. Sie wird in enger Zusammenarbeit mit Kantonen, Praxis, Beratung und Branche aufgebaut. Neben den Kantonen Bern, Graubünden, Tessin, Uri und Wallis ist die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL der Berner Fachhochschule als Forschungspartnerin beteiligt. Die Kantone stellen das für die Projektarbeiten notwendige kantonsübergreifende Versuchsflächen- und Betriebsnetz bereit. Zusätzlich bringen sie ihre bestehenden Infrastrukturen und Vieherden sowie finanzielle und personelle Ressourcen ein. Neue Infrastrukturen sind keine geplant. Agroscope ist für die Konzeption der Forschungsprojekte sowie für die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Versuche zuständig. Der Wissenstransfer erfolgt gemeinsam mit allen Partnern, insbesondere über die AGRIDEA und die Bildungs- und Beratungsorganisationen der Kantone. «Die Kooperation zwischen Agroscope, den Kantonen und der Branche ist enorm wichtig für diese dezentrale Versuchsstation. Sie ermöglicht uns, spezifische Fragen zur Alp- und Berglandwirtschaft über den ganzen Alpenraum hinweg zu beantworten, denn die strukturellen, organisatorischen, ökonomischen und klimatischen Faktoren unterscheiden sich jeweils zwischen den einzelnen Alpregionen», betont Moritz Schwery, Leiter des Landwirtschaftszentrums Visp, der zusammen mit Corinne Boss, Leiterin des Kompetenzbereichs Tiere und tierische Produkte bei Agroscope, die strategische Steuerung der Versuchsstation verantwortet.
Für eine traditionelle und zukunftsfähige Schweizer Alpwirtschaft
Für die Bergkantone ist klar: Die Versuchsstation wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Alp- und Berglandwirtschaft innovativ und zukunftsgerichtet ihre wichtigen Aufgaben für das Berggebiet erfüllen kann. Dazu gehört beispielsweise, die Biodiversität oder die Produktion von typischen Produkten aus dem Berggebiet zu fördern, aber auch die Landschaft für den Tourismus zu erhalten. Damit die Alp- und Berglandwirtschaft in der Schweiz auch unter sich verändernden Bedingungen weiterhin erfolgreich bestehen kann.