Knapp ein Drittel der rund 1,2 Milliarden Franken, die die Suva jährlich für ärztliche und therapeutische Leistungen (Heilkosten) bezahlen muss, entfallen auf stationäre Spitalleistungen. 2016 wies die Suva fast 4500 stationäre Spital-Rechnungen zurück und sparte rund 19 Millionen Franken. Dies entspricht Einsparungen von 4'150 Franken pro zurückgewiesener Rechnung und damit 4,2 Prozent der gesamten Kosten, die im stationären Bereich vergütet werden.
Erste Kennzahlen deuten darauf hin, dass 2017 die Einsparungen mit geschätzten 21 Millionen Franken noch einmal markant höher ausfallen werden. Insgesamt kontrollierte die Suva in diesem Jahr bereits über 45'000 Rechnungen stationärer Spitalleistungen.
Stärkerer Fokus auf Rechnungen stationärer Behandlungen
Wegen dieser Erkenntnisse und weil seit der Einführung des Tarifsystems SwissDRG (Swiss Diagnosis Related Groups) die Rechnungskontrolle anspruchsvoller geworden ist, verstärkte die Suva den Fokus auf die Rechnungen stationärer Behandlungen.
"Es gibt immer wieder komplexe Rechnungen, die ohne langjährige Codiererfahrung in einem Spital kaum zu beurteilen sind", sagt Michael Widmer, Teamleiter Heilkosten bei der Suva. Deshalb unterstützen seit 18 Monaten zusätzlich drei medizinische Kodiererinnen und Kodierer die 90 Heilkostenspezialisten auf den Suva-Agenturen. Diese drei Personen verfügen über eine fundierte paramedizinische Ausbildung und haben jahrelang in Spitälern Rechnungen codiert.
Drei häufige Gründe
Rund 10 Prozent der Rechnungen für stationäre Behandlungen schickt die Suva an die Spitäler zurück, weil sie auch Leistungen enthalten, die die Unfallversicherung gar nicht übernehmen muss. Es gibt drei häufige Gründe für eine Rückweisung: Einerseits handelt es sich um zu hohe Rechnungen, weil das Spital zum Beispiel aus Versehen eine Nebendiagnose mitcodiert hat, die keinen Aufwand verursacht hat. Andererseits kann es passieren, dass die Suva Rechnungen doppelt erhält.
Im Weiteren können zurückgewiesene Rechnungen Leistungen enthalten, die nichts mit dem gemeldeten Unfall zu tun haben. "Es kam zum Beispiel vor, dass jemand wegen eines gebrochenen Knochens im Spital lag und während diesem Aufenthalt wegen eines Herzleidens einen Herzschrittmacher erhielt", so Widmer. Das Spital verrechnete der Suva anschliessend nicht nur Kosten für den unfallbedingten Knochenbruch, sondern auch für den Herzschrittmacher. Nach der Rückweisung der Suva müssen Spitäler in diesen Fällen die Kosten für die verschiedenen Versicherungsträger aufteilen.
Wenn der vermeintliche Unfall eine Krankheit ist
Nicht alle Fälle sind auf Anhieb klar. Dennoch ist die Suva verpflichtet, die Unterscheidung zwischen Unfall und Krankheit korrekt vorzunehmen. Auch wenn die betroffenen Versicherten es begrüssen würden, wenn die Unfallversicherung sämtliche Leistungen übernähme und damit ihr Selbstbehalt bei der Krankenkasse entfällt, handelt die Suva mit ihren systematischen Kontrollen im Interesse aller Versicherten. Denn fälschlich ausbezahlte Leistungen gehen zu Lasten der Prämienhöhe der Versicherten.
Dass Versicherte nicht immer Verständnis für die Entscheide der Suva aufbringen können, kann Kilian Ritler, Leiter Einsprachen der Suva, nachvollziehen. Vor allem dann, wenn die Suva Leistungen einstellt, weil es sich nicht um einen Unfall, sondern um eine Krankheit handelt.
Ein Beispiel: Ein Mann stürzt auf dem vereisten Trottoir und zieht sich Prellungen an der Schulter zu. Die Folgen der Prellungen sind nach ein paar Wochen zwar abgeklungen, der Betroffene hat aber immer noch Schmerzen. Sein Arzt stellt fest, dass die Rotatorenmanschette, also die Gruppe von Muskeln und Sehnen, die das Schultergelenk umfassen, gerissen ist und operiert werden muss. Unmittelbar vor der Operation stellt die Suva die Leistungen ein: Denn weitere medizinische Abklärungen zeigen, dass die Rotatorenmanschette nicht infolge des Unfalls, sondern durch Abnützung gerissen ist. Somit stammen die Beschwerden nicht vom Unfall, sie sind krankheitsbedingt und müssen über die Krankenkasse verrechnet werden.
Klare Regeln statt Willkür
"Für unsere Kundinnen und Kunden ist dies zum Teil schwer nachvollziehbar, weil wir oft in den entsprechenden Fällen bereits für Leistungen aufgekommen sind", erklärt Kilian Ritler. Gesetzlich sei klar geregelt, für welche Leistungen die Unfallversicherung aufkommen müsse.
"Ist unklar, worauf die Beschwerden des Versicherten zurückzuführen sind, schaffen wir mit unseren Abklärungen Klarheit und schliessen Willkür aus", so Ritler. Erst wenn zweifelsfrei feststehe, dass es sich bei Beschwerden nicht um Unfallfolgen handelt, stellt die Suva die Leistungen ein. "Für Unfallfolgen kommen wir immer auf."
Artikelfoto: Suva